Hintergrundinformationen zu L'Huomo
L’Huomo wurde am 19. Juni 1754 anlässlich eines Besuchs von Friedrich II. am Bayreuther Hof zur Aufführung gebracht. Die französische Vorlage für das Libretto, L’Homme, stammt von der Markgräfin Bayreuths selbst und wurde vom Hofdichter Luigi Stampiglia für die Oper ins Italienische übersetzt. Die Vertonung übernahm der Vizekapellmeister des bayerischen Hofs Andrea Bernasconi.
Wilhelmine, die Schwester des preußischen Königs, prägte durch ihre Neigung und Vorliebe für die Musik die Kultur am Bayreuther Hof maßgeblich. Sechs Jahre nach ihrer Eheschließung mit dem Markgrafen Friedrich von Bayreuth, überließ dieser ihr die Verantwortung über die Hofmusik. Mit dem Ziel, die Oper nach italienischem Modell stärker am Hof zu verankern, ließ Wilhelmine Sängerinnen und Sänger aus Italien kommen; nach der Eröffnung des Markgräflichen Opernhauses 1748 war diese Bühne der zentrale Schauplatz für Musiktheater am Bayreuther Hof. Ebendort wurde L'Huomo im Zuge des Besuchs von Wilhelmines Bruder uraufgeführt. Neben dem Opernhaus ließ Markgraf Friedrich für Wilhelmine auch die Eremitage, eine Parkanlage mit Schloss umbauen und erweitern. Federführend war sie an der Gestaltung der Gartenanlage Sanspareil beteiligt. Beide Orte im Umfeld Bayreuths könnten durchaus Inspiration für die Naturschauplätze in L’Huomo gewesen sein.
Das zu Ehren Friedrichs aufgeführte Werk ist als „Festa teatrale“ bezeichnet. Da solche Werke zeitgenössisch die geehrte Person in den Mittelpunkt rückten, würde man sich ein Lob auf den Preußenkönig erwarten – doch L’Huomo fällt anders aus: Die Vernunft, nicht etwa die als Herrscherlob seit der Antike eingesetzten Tugenden wie Milde und Gerechtigkeit stehen im Fokus. Innerhalb der allegorischen Handlung machen böse Mächte dem Menschen (verkörpert als Liebespaar Animia und Anemone) zu schaffen. Die Wollust (Volusia) und die unbeständige Liebe (Incosia) entzweien die Liebenden; erst mit Hilfe von Negiorea (Vernunft) finden sie wieder zusammen. Es handelt sich also um ein moralisierendes Stück, bei dem der weibliche Part den Sieg davonträgt – was ganz zentral für Wilhelmine ist.
Obwohl sich eine anlassbezogene Huldigung des Bruders Friedrich in dem Werk damit wenig hervorkehrt, zeigte sich dieser angetan. In einem Brief lobt er im Vorfeld der Aufführung die Originalität des Textentwurfs. Und in der Tat – L’Huomo ist ein bemerkenswertes Stück, das in Bayreuth erstmals aufklärerisches Gedankengut und damit die Vernunft als zentrale (Herrscher-)Tugend so prominent während eines Fürstenbesuchs auf die Bühne bringt. Zielgerichtet verbindet die Markgräfin die Musik mit opulenten Bühneneffekten und Tanz zur Steigerung der Dramatik und hebt so den Kontrast zwischen Böse (Verführung/Dunkelheit) und dem siegreichen Guten (Vernunft/Licht) hervor.